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Faszientraining mit Yin-Yoga

Nachhaltig entspannen, tiefgreifend verändern, Schmerzen und Stress reduzieren

Es ist schon erstaunlich, dass man nach den hunderten und tausenden Jahren, die man der Erforschung des menschlichen Körpers widmete, doch immer noch etwas völlig Neues entdecken kann: das fasziale System oder die Funktion des menschlichen Bindegewebes. Nicht dass man um das fasziale Netz nicht schon wusste, jedoch wurde seine Bedeutung auf den Organismus im Ganzen grundlegend unterschätzt. Bislang wurden die weißen Bindegewebsschichten, Netzte und Häute als wertloses Füllmaterial abgetan. Ja sogar verschwanden die Faszien im Laufe der Jahre mehr und mehr aus den Anatomie-Atlanten, die Faszien schrumpften von Ausgabe zu Ausgabe, da man sich mehr auf die Organe, die Muskulatur und das Skelett konzentrieren wollte.

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Faszien in weiß


Umso bedeutender ist die Entdeckung der mannigfachen Funktionen des kollagenen Netzes, das den Körper gänzlich durchdringt. Neuste Forschungen, allen voran die hingebungsvollen Untersuchungen von Dr. Robert Schleip, lassen die faszialen Schichten in einem neuen Licht erscheinen. Die Faszien sind bestimmt nicht das Wichtigste am menschlichen Körper, jedoch haben sie großen Einfluss auf unsere Beweglichkeit, unsere Dynamik und das Schmerzempfinden. Denn, was man bisher nicht wusste: Faszien leiten Schmerzsignale und können sogar richtig weh tun. Etwa sechsmal mehr Sinneszellen in den Faszien als in der Muskulatur machen das Bindegewebe zu einem echten Sinnesorgan. Das sich Faszien aktiv kontrahieren, also zusammenziehen können, weiß man erst seit Kurzem; Dr. Schleip hat den entsprechenden Transmitter gefunden. Dass sie die Muskulatur in ihrer Arbeit breitflächig unterstützen, ist ebenfalls neu für die Anatomen. Die Lumbalfaszie, die große rautenförmige Sehnenplatte am unteren Rücken ist dieser Ansicht nach sogar für die allermeisten Schmerzzustände in dieser Körperregion verantwortlich. Normalerweise ist diese Faszie ca. 3 mm dick. Bei Rückenschmerzpatienten verfilzt diese Platte auf bis zu 8 mm, wird unbeweglich und beginnt zu schmerzen. Die Rückenmuskulatur, die beim gesunden Menschen der Lumbalfaszie einen guten Anteil an der Haltearbeit überträgt, vertraut einer Faszie nicht mehr, die sich in einem schlechten Zustand befindet, d.h. die zu trocken zu verfilzt und zu dick ist, und überträgt ihr keine wirkliche Haltearbeit. Die Muskulatur wird sukzessive überlastet und der Teufelskreis schließt sich.

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Lumbalfaszie


Was sind Faszien?

Faszien bestehen aus festen kollagenen Bindegewebsfasern und viel gebundener Flüssigkeit, die sie geschmeidig macht. Bei einem jungen Menschen finden wir 80% Flüssigkeit in den Faszien, im Alter nimmt die Flüssigkeit rapide ab. Vom Modell her vergleichbar mit einer gepellten Orange, sehen wir eine äußere feste Faszienschicht, gleich einem Taucheranzug, der unserem Körper die eigentliche Form gibt. Aber wie auch bei der Orange gibt es weiße Häute und Fasern, die in das Innere vordringen, jedes Organ, jeden Muskel und jeden Knochen umhüllen und alles mit allem verbindet. Messungen haben nun ergeben, dass die ganze Faszie von der Fußsohle bis unter die Kopfhaut reagiert, wenn man dem faszialen Netz an irgendeiner beliebigen Stelle einen entspannenden Impuls zuteil werden lässt. Der Modellversuch dazu wird wie folgt ausgeführt: Mache eine Vorwärtsbeuge im Stand, merke dir, welchen Abstand die Fingerspitzen vom Boden haben, massiere und dehne langsam und tief die Plantarfaszie unter der Fußsohle und stelle fest, dass sich die Fingespitzen bei der erneuten Vorbeuge deutlich weiter zum Boden senken lassen. Im Körper sprechen wir daher von einer Faszie (wie z.B. auch von einer Haut) und unterteilen nur regional: z.B. die Faszie an der Außenseite des Oberschenkels.

Die Faszien-Behandlung

Eine Faszie ist netzartig aufgebaut und braucht Druck und Zug, Scherkräfte und Dehnungen in alle Richtungen. Eine manuelle Behandlung der Faszien kann sehr hilfreich sein, um Schmerzbereiche wie die Schulter, den Nacken oder den unteren Rücken grundlegend zu entlasten. Hierbei verwendet der Therapeut extrem langsame und tiefgehende Ausstreichungen in allen Faserrichtungen. Eventuell kann ein sogenannter „Faszien-Spatel“ zum Einsatz kommen. Die meisten Verletzungen, die wir uns zuziehen, betreffen ebenfalls die Faszien, also das Bindegewebe: Bänderrisse, Sehnenverletzungen, Außenband, Innenband, Kreuzband usw. Da man durch ein gezieltes Faszientraining Verletzungen gut vorbeugen kann, hält die spezifische Faszienarbeit gerade im Profi- und Breitensport einen rasanten Einzug.

Faszien-Yoga
Das klassische Yogastystem bietet sich an, die Faszien effektiv zu trainieren, da die vielfältigen Dehnungen im Vordergrund stehen. Das Faszien-Yoga zielt dabei direkt auf die Faszienketten des Körper und versucht, dieses weit möglichst zu dehnen. Im Gegensatz zum klassischen Hatha-Yoga, wo der Fokus stets auf den Chakren, also sprich auf der Wirbelsäule liegt, trainieren die Faszien-Übungen eher die „äußeren“ Strukturen des Körpers; Faszien außen am Oberschenkel, am Bauch und Rücken, die faszialen Linien entlang der Schulter usw. Der Übende hält die Fasziendehnungen länger als eine gewöhnliche Yoga-Übung, nämlich zwischen drei und fünf Minuten, um den höheren Widerstand, den die faszialen Netze haben, zu lösen. Gleichzeitig und im Gegensatz zur klassischen Asana (Yogastellung) federt der Übende leicht und in alle möglichen Richtungen in die gehaltene Dehnung. Da eine Faszienyoga-Praxis mit dieser Übungsweise sehr beruhigend und entschleunigend wirkt, lehnen wir sie gerne an das meditative Yin-Yoga an. Im Gegensatz zu Yang betonten Yogastilen, wie Poweryoga oder Hot-Yoga, betont das Faszienyoga oder Yinyoga das „nach innen schauen“ und das tiefgreifende zur Ruhe kommen der Gedanken. Wer sowieso Yogaübungen gerne mal etwas länger hält, dem kommt das Faszientraining sehr entgegen. Zusammenfassend kann man sagen, dass Faszienyoga nachhaltig Schmerzzustände und Stress reduziert, tiefsitzende Verspannungen gründlich löst, den Geist entschleunigt und das Energieniveau wirksam ausgleicht.


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